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Abschieds-Anfänge

  • Autorenbild: Rut Bantay
    Rut Bantay
  • vor 1 Tag
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 20 Stunden

Hier im Blog habe ich vor einiger Zeit eine kleine „Reihe“ begonnen: in unserem Orchester bekommen wir derzeit viele neue Kollegen quer durch alle Instrumentengruppen, die ich Ihnen gerne näher vorstelle. Im Umkehrschluss heißt dies aber, dass diese oder jene Stelle erst wieder frei geworden ist: manchmal verlassen uns Instrumentalisten wieder, da sie aus privaten oder sonstigen Gründen einen Stellenwechsel anstreben, in den allermeisten Fällen liegt diese Vakanz aber am „natürlichen“ Grund, der Pensionierung.


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An diesem gut gefüllten letzten Konzertwochenende, - am Freitag fand unser Heimspiel-Abo im Pfalzbau in Ludwigshafen, am Samstag nach längerer Zeit erstmals wieder unsere Reihe mit gleichem Programm dann in Karlsruhe und schließlich vorgestern als Sonntags-Matinée um 11Uhr unser neuestes, - so (ofen)frisch wie die vorab gereichten Croissants im Foyer-, Konzert-Format nochmals im Pfalzbau, statt, beendete mein sehr geschätzter Cellogruppenkollege Eric Trumpler nach 41Dienstjahren seine aktive Tätigkeit und trat von der Staatsphilharmonie-Orchester-Bühne in den Ruhestand. Die Orchesterinterne, sehr rührende Verabschiedung fand bereits am Donnerstag während der letzten regulären Probe statt und da konnte ich, die nun ja auch immerhin 17Jahre mit Eric in der Cellogruppe zusammengespielt hat, nochmal einiges zu Erics Werdegang erfahren, denn mein lieber zweit-dienstältester Cellokollege Martin hielt sozusagen die „Laudatio“.


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Geboren und aufgewachsen in den USA, erhielt Eric im Alter von acht Jahren den ersten Cellounterricht. Sein Studium begann er dann an der Boston University bei Leslie Parnas und danach zog es ihn nach Deutschland, die Heimat seiner Großeltern, wo er seine Ausbildung in Berlin an der Hochschule der Künste bei Prof. Wolfgang Boettcher fortsetzte. Bereits 1984 wurde er Mitglied der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und hat sich dort vor allem um die Kiko:Kinderkonzerte verdient gemacht, die er 1994 gegründet hat und seitdem erfolgreich (mit)betreute. Schon als Kind galt seine ganze Begeisterung der Kammermusik; so war er regelmäßig auf Kammermusikkursen in Greenwood und Blue Hill in den USA. Mit dem Streichquintett der Heidelberger Kammersolisten war er 1995 auf Tournee in Süd-Amerika. Zudem unterrichtet Eric Trümpler seit mehr als 20 Jahren Jugendliche an der Lucie-Kölsch-Musikschule in Worms. Wenn Eric nicht gerade mit Musik beschäftigt ist, findet man ihn am ehesten auf den Kletterfelsen der Südpfalz, den Langlaufloipen des Schwarzwalds, im Kanu auf Gewässern aller Welt oder auf den höchsten Alpengipfeln. Jedenfalls verlieren wir mit Eric nicht nur einen unglaublich besonnenen, auch wenn es mal heiß her geht, gelassenen und äußerst zuverlässigen Kollegen, sondern wir als Gruppe zudem unseren ultra-langjährigsten Diensteinteiler, denn er hatte diese knifflige und wirklich nicht einfache Aufgabe über 30Jahre übernommen. Sie müssen sich das wie ein äußerst kompliziertes Knobelspiel vorstellen: jede Saison stehen zunächst alle Projekte und dazugehörigen Konzerte fest, einschließlich der Besetzungsgrösse, - also zu wievielen je Streichergruppe gespielt werden soll. Der jeweilige Diensteinteiler legt nun, - und dies auch noch unter versuchter Berücksichtigung von individuellen Frei- oder Spielwünschen-, fest, wer von uns acht Cellisten jeweils spielen soll pro Projekt und am Ende eines bestimmten Zeitraums soll Bitteschön die Anzahl der gespielten Dienste zwischen den Kollegen dann auch noch ungefähr gleich hoch sein. Ja, dies erfordert schon mal eine sehr gute Übersicht und Vorplanung, aber es gibt natürlich immer auch spontan zwingende Gründe, warum plötzlich wieder einiges geändert werden muss, wie Krankheitsfälle oder kurzfristige Umdisponierungen in der Projektplanung. Jedenfalls war ich die ganzen Jahre immer voll der Bewunderung, wie es Eric doch immer wieder geschafft hat, dass keiner von uns viel mehr oder weniger spielen musste als die oder der andere und uns dabei auch noch immer versucht hat, unsere Wünsche zu ermöglichen.

Eric hat also ein wunderbares Programm zum Ende „erwischt“ mit Ravel, „Une barque sur l'océan“, Szymanowskis gewaltig-espressives Konzert für Violine Nr. 1 op. 35 mit Baiba Skride an der Solovioline, der Sinfonischen Dichtung, die Mittagshexe op. 108 von

Dvorák und Strawinskys magisch-misterioso bis strahlendem L'Oiseau de feu (Der Feuervogel), Suite für Orchester. Aber wer meint, damit war der Adventsonntag beendet, der kennt Eric schlecht: nachmittags führte er zusammen mit Anja Kleinhans und Christian Birko-Flemming, Schauspiel, vom „Theater der Liebe“, in Freinsheim das Stück „Aprikosenzeit“, eine Geschichte für die ganze Familie über die Freundschaft, mit einzelnen Sätzen aus den Suiten für Cello Solo von Johann Sebastian Bach, auf. Eric lieferte dabei nicht nur die Musik zur Geschichte, sondern verkörperte mit seinem Cello auf der Bühne sitzend gleichzeitig den Aprikosenbaum.

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Im Anschluss durften wir zusammen mit ihm einige schöne Feierstunden erleben und wir, seine „Cellofamily“ haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, ihn mit einem Ständchen gebührend auch musikalisch zu verabschieden, nebst einigen kreativen Gruppengeschenken:


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Lieber Eric, lass es Dir gut gehen und bleib‘ in Kontakt mit uns!

Herzlich, Deine Kollegin Rut


Ich füge, weil er es so wundervoll in Worte komponiert hat, noch die erste Strophe aus „Stufen“ von Hermann Hesse an:


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.



 
 
 

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