KlangFarbe für den winterweißen Januar
- Rut Bantay
- 19. Jan. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Apr.
Ihnen aufmerksamen Abonnenten und liebem Publikum ist sicher nicht entgangen, dass wir in dieser Spielzeit auch eine neue, kleine Konzertreihe veranstalten: unter dem Titel "Metropol-Konzert" finden an drei Terminen Konzerte mit der Staatsphilharmonie und Künstlern, nicht nur anderer Genres, wie vergangenen November mit der kurdischen Sängerin Aynur, sondern auch Musikern, die sich wie Wanderer zwischen anderen Musiktraditionen bewegen, wie dem Ensemble Colourage, statt, dessen Stammbesetzung sich ursprünglich aus Kollegen unseres Orchesters und Instrumentalisten der Orientalischen Musikakademie Mannheim und der Popakademie Mannheim gegründet hat. Hier der kleine Einleitungstext zu unserem gemeinsamen Konzert am heutigen Freitag, der die Zusammenarbeit wie ich finde, sehr schön beschreibt und zusammenfasst:
Ich möchte jetzt besonders auf zwei Komponisten unseres heutigen Programmes eingehen, zum einen Jefferson Schoepflin, meinem Kollegen in der Gruppe der zweiten Violinen, der zusammen mit seiner Frau Inga, (meiner ebenfalls Kollegin), zur Gründungsbesetzung des Ensemble Colourage gehörte. Er hat mit seiner Komposition "Orient Express" ein, wie ich finde, wahres Symbolstück für dieses Ensemble, deren musikalische Arbeit und Zielsetzung geschrieben: Westeuropäische Musiker und -stilrichtungen treffen auf den Orient im weitesten Sinne und seine Instrumentalisten. Zusammen proben sie, verständigen sich, finden eine gemeinsame Musiksprache und treten dabei in einen Austausch und Dialog.
Die Szenerie des Stückes von Jefferson Schoepflin beginnt unüberhörbar in Paris, Frankreich; nach wenigen Augenblicken erklingt meine persönliche Lieblingsstelle, die ich Ihnen hier nicht vorenthalten möchte, bei der man förmlich den Eifelturm winken sieht oder sich in ein Café in Montmatre hineinversetzt fühlt. Einen Akkordeonisten gibt es ja aber nicht unter den Ensemblemitgliedern, den Flair verbreitet aber auch die Melodica.
Im nächsten Moment findet sich der Hörer am Bahnhof wieder, gleich wird der Zug gen Istanbul abfahren und die Reise beginnt. Dabei geht es nicht mehr um weitere konkrete Stationen, sondern die Reise steht gleichsam für den Probenprozess und die Begegnungen. In kleinen improvisatorischen Passagen beginnen zwei Instrumente, eines unseres Kulturkreises und ein Orientalisches, ein Gespräch. Bei diesen Improvisationsteilen fließen auch Ideen und Anregungen der jeweiligen Ausführenden mit ein.
Am Ziel angekommen entfacht sich ein spielfreudiges Feuerwerk der Tanzrhythmen, bei dem sich 7/8, 9/8 und 11er abwechseln.
Heute werden wir aber auch zwei Stücke von Hesham Hamra, dem Oud-Spieler, - die Oud ist eine orientalische Laute - , von Colourage aufführen. Besonders die sehnsuchtsvollen Klänge zu Beginn von "Jasmine. So riecht Damaskus" haben mich sofort berührt und angesprochen. Dieses Werk hat er 2022 zunächst für Colourage geschrieben und auch in einer Soloversion auf YouTube veröffentlicht. Nachdem es dort unglaublich viele Hörer erreicht hat, hat Hesham "Jasmine" auch noch arrangiert für Kammerorchester und es in Frankfurt bereits aufgeführt. Die Blume Jasmin steht symbolisch für Heshams Heimatstadt, aber auch im wörtlichen Sinne für Damaskus, denn diese Pflanze ist gerade in der Altstadt dort sehr beliebt und zur Blütezeit konnte man abends bei einem Spaziergang den Duft überall antreffen. Hier ein kleiner Schnipsel aus der gestrigen Probe, nochmals weiter-orchestriert für unsere sinfonische Besetzung:
Die zweite Komposition von ihm, die heute Abend dann erklingt, heißt "Journey Sehnsuchtsreise" und vertont seine real erlebte Odysee, seine wirklich schwierige Reise bis hierher über die Balkanroute. Viele Themen und Motive sind auf der Flucht entstanden. Hesham hat nämlich eine unglaubliche Wegstrecke durchgemacht, um von Syrien nach Deutschland und Mannheim zu kommen. Er ist auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland Syrien mit einem Boot von der Türkei nach Griechenland gefahren und danach "einfach" zu Fuß weiter gegangen über Mazedonien, Serbien und Ungarn und kam nach einer kurzen Zeit im Ruhrgebiet über glückliche Zufälle als Student mit einem Stipendium an die Mannheimer Popakademie im Studiengang "Weltmusik". Von dort entstand der Kontakt zur Staatsphilharmonie für ein Praktikum und dabei habe ich ihn, es war die Zeit nach dem ersten Lockdown der Corona-Pandemie, bei einem TrostKonzert, welches ich mit meinem Duo-Pianisten in Ludwigshafen gegeben habe, kennengelernt. Hesham spielte spontan in unserem Konzert in einem Ludwigshafener Seniorenwohnheim ein Stück auf der Oud.
Mittlerweile hat Hesham zudem Komposition und Orchestration studiert und spielt in mehreren Emsembles wie dem "Bridges-Kammerorchester" in Frankfurt, dem Quantara-Trio und organisiert und spielt selbst Konzerte mit vielen Starsolisten aus arabischen Ländern in Deutschland.
Neben unseren gemeinsam musizierten Stücken wird auch noch je ein reines Orchester-Instrumentalwerk von Khalifé und Kodalli zu hören sein und auch Kompositionen von weiteren Mitgliedern von Colourage wie Simon Bernstein.
Jedenfalls verspricht es ein aufregender und wunderbar-andersartiger Konzertabend zu werden, heute um 19:30Uhr im Rosengarten Mannheim.
Bis dahin und gute Nacht,
Rut Bantay
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