Neue-alte Welt
- Rut Bantay
- 2. Feb. 2024
- 2 Min. Lesezeit

Heute fand unser Auftaktkonzert von insgesamt dreien mit der Uraufführung "Safaklarin Cihangiri", Konzert für Kanun und großes Orchester (und Santur, Daf und Harfe als weitere Solisten) von Stefan Pohlit, in Neustadt an der Weinstraße statt. Letzterer hat selbst Santur mitgespielt und, moderiert durch unseren fabelhaften Dirigenten der Woche Dirk Kaftan, noch einige einleitende Worte zu seinem Stück gefunden, nebst Klangbeispielen durch das Kanun. Pohlit, der einige Jahre in der Türkei gelebt und gearbeitet hat und fließend die türkische Sprache spricht, erläuterte, dass er sein Stück gedanklich in der Belle Époque ansiedelt: der Zeit, in der kulturell noch weniger Unterschiede zwischen "dem Osten und Westen" bestanden, man in gewissen Kreisen auch in der Türkei genauso klassische Musik wie bspw. Opern hörte, überhaupt es keine so großen Gegensätze und "Fremdheit" gab, so wie es sich für ihn auch im heutigen Instanbul, während seiner Zeit dort dargestellt hatte. Andererseits ist dort natürlich die heimische Musiktradition sehr präsent, nicht nur durch die volkstümlichen türkischen Instrumente, sondern charakteristisch durch ihre ganz eigene und für uns so exotisch klingende Mikrotonalität. Das heißt, die Tonleiter besteht eben nicht nur aus Ganz- und Halbtönen, sondern feinste Nuancen, die man auf unseren klassischen Instrumenten am ehesten vielleicht mit Vierteltönen darstellen kann. In Pohlits dreisätzigem Werk, das er selbst "wie in einer Traumwelt" beschreibt, gibt es immer wieder eingearbeitete Kadenzen durch das Kanun, für uns komplex scheinende Rhythmen von sich permanent abwechselnden geraden Takten und tänzerischen 6- und 9/8teln wie im zweiten Satz "Persiano", einem Scherzo. Gerne hätte ich mir auch einmal von außen hörend einen Eindruck gemacht: wir Orchestermusiker sind jedenfalls ziemlich gefordert und ich benötige für das sehr weit gefasste Stück alle meine Konzentration. Das Publikum heute in Neustadt hat jedenfalls unsere Anstrengungen sehr positiv aufgefasst und dann der Zugabe unseres ausgezeichneten Kanun-Solisten Tahir Aydogdu, allein begleitet durch das Daf, fasziniert gelauscht.
Nach der Pause konnten alle aber dann im "vertrauten Gewässer" schwelgen und auch wir haben es total genossen, Dvoráks Neunte Sinfonie zu spielen. Besonders herzliche Gratulation an meine Kollegin, die ein wunderschön-berührendes Englischhorn-Solo im zweiten Satz gezaubert hat und alles Gute für unseren Kollegen an der Bassposaune, den wir heute schon mit einem Monat Vorsprung, - dies war sein persönlicher Wunsch, wegen seiner Verbundenheit zu Neustadt, in den Unruhestand verabschiedet haben und das mit einer treffenden Rede durch wieder selbige Englischhorn-Solistin und standesgemäß, wie es sich für einen Posaunisten quasi gehört, auch noch musikalisch mit einem slawischen Tanz, ebenfalls von Dvorák. Standesgemäß deshalb, weil dieses Stück für den lieben Kollegen "tacet" bedeutete, was augenzwinkernd bemerkt, doch eher öfter bei der Bassposaune im Vergleich zum Streichinstrument im Orchester vorkommt.
Jetzt wünsche ich Ihnen allen aber schleunigst eine gute Nacht und hoffe, allen, die heute nicht dabei waren, habe ich mit dem kleinen Bericht Lust auf unser zweites Konzert in der Festhalle in Wörth am Samstag um 19:30Uhr oder spätestens dann am Sonntag um 18Uhr im Rosengarten in Mannheim gemacht.
Impressionen von der Probenphase gibt es hier noch nachzuschauen:
Herzliche Grüße,
Rut Bantay
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