Traumschiff
- Rut Bantay
- 4. Sept. 2024
- 2 Min. Lesezeit

Stellen Sie sich vor, Sie sind Komponist und haben eine Schreibblockade, schon seit über einem Jahr quälen sie sich. Dann träumen Sie eines nachts von einem in die San Francisco Bay einfahrenden Riesentanker, der aber nicht anlegt, sondern gleich einer Rakete in den Himmel hinaufschiesst. Diese verrückte Szenerie inspiriert und beeindruckt sie so, dass Sie beginnen, den Anfang eines durch wuchtige Akkorde gekennzeichneten Stückes, - das „Traumschiff“ rast in den Himmel, niederzuschreiben und im Verlauf des Satzes lösen sich alle Knoten in ihrem Kopf… so ähnlich muss sich die Entstehungsgeschichte zu John Adams, *1947, dreisätzigem Werk „Harmonielehre“ von 1984/85 zugetragen haben. Zurecht fragen Sie sich vermutlich aber gerade, was dieses Werk denn in einem Konzert unserer „Modern Times“ Reihe zu suchen hat: Fragen über Fragen, die sicher unser Chefdirigent Michael Francis heute beim „Festival-Talk“ in der Philharmonie beantwortet hat; nun: ich konnte leider nicht zugegen sein, aber der Titel des Stückes bezieht sich auf das 1911 komponierte Werk von Arnold Schönberg, bei dessen Schüler Leon Kirchner John Adams studiert hat.
Apropos Bezüge: neben der Anlehnung an Musik Schönbergs, die eher als nicht wertende Parodie zu verstehen ist, gibt es genauso ein Aufgreifen von Werken der Komponisten Mahler, Sibelius (vierter Sinfonie) und Debussy und das Ganze eingebettet in bspw. die Technik der Minimal Music. Hierbei werden harmonisch wie rhythmisch über lange Strecken gleichbleibende Segmente von den verschiedenen Instrumentengruppen, besonders auch immer viele Percussionsinstrumente, gespielt; durch komplexe Tempoverschiebungen gegeneinander entsteht ein interessantes Klangbild.
Eine Frage konnte heute Abend aber sicher nicht beantwortet werden: wie hört sich denn nun der Turbo-Öltanker vertont an? Dazu müssen Sie dann einfach morgen unbedingt zu uns ins Konzert im Pfalzbau um 19:30Uhr kommen.
Für mich lohnt allein schon das Vorspiel zu Wagners „Tristan und Isolde“! Wie sagte unser Chef heute so schön: „Die ganze wunderbare Oper ist in diesen wenigen Minuten enthalten…“
Ein Konzentrat, ein maximales Minimum-Extrakt in 17Minuten!
Herzliche Grüße,
Rut Bantay
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